MARIA REICHE: DAS GEHEIMNIS DER NAZCA-LINIEN

Ikonen auf der Leinwand: 9 Frauen, die Geschichte schrieben

MARIA REICHE: DAS GEHEIMNIS DER NAZCA-LINIEN, Rechte bei Tobis (Fotografin: Daniela Talavera)

Schon in der Bibel heißt es: „Frauen, ordnet euch euren Männern unter“. Man ahnt, wer sich das wohl ausgedacht hat. Seit Jahrhunderten kämpfen Frauen um ihren Platz in der Gesellschaft, gegen Widerstände und Vorurteile – Stoff für große Geschichten, die wie geschaffen sind für die Leinwand.

Ob hart wie DIE EISERNE LADY oder elegant wie DIE FIRST LADY – die neun Frauen, deren Leben in den folgenden Filmen erzählt wird, haben alle ihren eigenen Kampf in einer von Männern dominierten Welt geführt und sie damit für immer verändert. Manche prägten die Weltpolitik, andere kämpften im Stillen oder wurden zu Unrecht vergessen. Zu diesen fast vergessenen Pionierinnen zählt auch Maria Reiche: Sie widmete ihr Leben den Nazca-Linien, riesigen Geoglyphen in der Wüste Perus, die bis heute Rätsel aufgeben. Der Film MARIA REICHE – DAS GEHEIMNIS DER NAZCA-LINIEN macht dieses außergewöhnliche Vermächtnis nun auf der großen Leinwand erlebbar. Zum Kinostart des neuen Films mit DIE KAISERIN-Star Devrim Lingnau stellen wir neun weitere Frauen vor, die Geschichte schrieben.

1. Mary Anning - AMMONITE (2021)

Eigentlich ist Mary Anning (Kate Winslet) eine versierte Paläontologin, deren Funde in Fachkreisen für viel Aufsehen sorgen. Doch obwohl sie einigen ihrer männlichen Kollegen weit überlegen ist, wird ihr Verdienst in der patriarchalen Gesellschaft im England des 19. Jahrhunderts geflissentlich übersehen. So lebt sie in ärmlichen Verhältnissen und ist gezwungen, die unwirtliche Küste Südenglands nach Ammoniten und anderen Fossilien abzusuchen. Ihre Fundstücke verkauft sie als Souvenire an Touristen.

 

Wäre sie ein Mann gewesen, so wäre Mary Anning heute wohl als einer der verdienstvollsten Paläontologen aller Zeiten weltberühmt. Doch Mary wurde 1799 als Mädchen und zudem bettelarm geboren. Mit ihrem Vater suchte sie die Küste von Lyme ab, wo sie mit elf Jahren das erste komplette Skelett eines Ichthyosaurus entdeckte. Ein Sensationsfund, der im British Museum ausgestellt wurde. Auch das bis heute am besten erhaltene Exemplar eines Plesiosauriers ist ihrem außergewöhnlichen Spürsinn und ihrer Präzision bei der Ausgrabung ihrer Funde zu verdanken. Dennoch geriet sie nach ihrem Tod 1847 in Vergessenheit und wurde, auch dank des Dramas AMMONITE, erst in den letzten Jahren als eine der bedeutendsten Figuren der Paläontologie wiederentdeckt.

2. Marie Curie - MARIE CURIE (2019)

Marie Curie (Rosamund Pike) untersucht gemeinsam mit ihrem Ehemann Pierre (Sam Riley) die Elemente Polonium und Radium. Ihre Entdeckungen verhelfen den beiden zu den höchsten wissenschaftlichen Ehren. Doch insbesondere Marie sieht sich immer wieder den Vorurteilen der von Männern dominierten Wissenschaftswelt ausgesetzt. Trotzdem forscht sie unermüdlich weiter, auch in der Hoffnung, mit ihrer Arbeit Krebs heilen zu können.

 

Ihr Name ist untrennbar mit der Radioaktivität verbunden. Ihre Forschung verhalf Marie Curie zu Nobelpreisen in zwei verschiedenen Fachgebieten und sie wurde zur ersten Professorin, die an der renommierten Universität Sorbonne unterrichten durfte. Doch der Weg, den sie ging, war steinig: Die 1867 in Polen geborene Marie musste ihre Heimat verlassen, da Frauen dort nicht zur Universität gehen durften. Auch, als sie bereits eine international etablierte Physikerin und Chemikerin war, wurde sie immer wieder als Frau angegriffen und in der Boulevardpresse beschmutzt. Heute ist sie als eine der größten Wissenschaftlerinnen anerkannt.

3. Karen Blixen - JENSEITS VON AFRIKA (1986)

Die Dänin Karen (Meryl Streep) reist nach Kenia, um mit Baron Bror von Blixen (Klaus Maria Brandauer) eine vielversprechende Ehe einzugehen. Doch hinter dem edlen Titel verbirgt sich ein zechender Weiberheld, der lieber auf die Jagd geht, als seine Kaffeeplantage zu bewirtschaften. Also krempelt Karen die Ärmel hoch und kümmert sich gemeinsam mit der auf ihrem Farmland lebenden Volksgruppe der Kikuyu um die Plantage. Mit ihrer unkonventionellen Art stößt sie auf Kopfschütteln bei den Herren der Kolonialmacht. Aber auch auf das Interesse des Abenteurers Denys Finch Hatton (Robert Redford).

 

Sydney Pollacks mit sieben Oscars® ausgezeichnetes Drama JENSEITS VON AFRIKA verfilmt die Lebensjahre der dänischen Schriftstellerin Karen Blixen, die sie in Kenia verbrachte und u.a. in ihrem autobiografisch geprägten Roman „Afrika, dunkel lockende Welt“ verarbeitete. In der Hoffnung der drückenden Atmosphäre ihres reichen, bürgerlichen Elternhauses zu entgehen, folgte die 1885 geborene Karen dem adligen, aber mittellosen Lebemann Baron von Blixen 1913 in ein Abenteuer verheißendes Leben in Afrika. Ähnlich wie Maria Reiche tauchte sie dort als Europäerin in eine fremde Kultur ein und freundete sich mit den Kikuyu an. Anders als Maria Reiche stellt Blixen diese Kultur jedoch in ihren Dienst und kehrte nach jahrelanger Misswirtschaft auf der Farm mittellos in ihr Elternhaus in Dänemark zurück. Dort schrieb sie Werke, die ihr die Verehrung von Ernest Hemingway und Truman Capote einbrachten. Einige Male kam sie auch in die engere Auswahl für den Literaturnobelpreis, wurde jedoch nie mit dieser Auszeichnung bedacht. Karen, ein Vorort von Nairobi, der auf dem Gebiet ihrer früheren Farm liegt, erinnert bis heute an ihr Wirken.

4. Hannah Arendt - HANNAH ARENDT (2013)

Nachdem Mossad-Agenten Adolf Eichmann in Argentinien aufgespürt haben, wird ihm 1961 in Jerusalem der Prozess gemacht. Die zur NS-Zeit aus Deutschland geflohene und für ihre politischen und historischen Schriften gefeierte Hannah Arendt (Barbara Sukowa) berichtet für das Magazin The New Yorker und ist überrascht: Sie sieht in Eichmann kein unmenschliches Monster vor sich, sondern einen harmlos wirkenden Beamten, der bei der sogenannten „Endlösung“ einfach besonders fleißig arbeitete. Arendt erklärt ihre Beobachtungen mit der „Banalität des Bösen“. Ein Begriff, der einen Skandal auslöst.  

 

Wie konnte es zur systematischen Ermordung von Millionen von Juden kommen? Die Schuld fanatischen Verbrechern oder gar dem personifizierten Bösen zu geben, ist zu einfach. Hannah Arendts Antwort war so skandalös wie erschreckend: Es sind ganz normale Menschen, die gedankenlos und unkritisch ihre Pflicht erfüllen. Auch wenn sie selbst die Bezeichnung für ihr Wirken ablehnte, darf Hannah Arendt doch zu den bedeutendsten Philosoph:innen der Moderne gezählt werden. Ihre Analysen zur Entstehung totalitärer Systeme ergaben, dass die größte Gefahr für die Demokratie nicht von einem besonders bösen Anführer oder Einzeltätern ausgeht, sondern von den vielen gewöhnlichen Menschen, die gleichgültig mitlaufen. Eine angesichts aktueller Entwicklungen hochbrisante Erkenntnis.

5. Frida Kahlo - FRIDA (2003)

Als die 18-jährige Frida (Salma Hayek) nach einem Verkehrsunfall schwer verletzt monatelang ans Bett gefesselt ist, beginnt sie zu malen. So verarbeitet sie ihre qualvollen Schmerzen und einsamen Stunden. Ihre Bilder erregen die Aufmerksamkeit des gefeierten Malers Diego Riviera (Alfred Molina). Die beiden heiraten. Für Frida beginnt eine neue Zeit des Leidens, aber auch der Leidenschaft und künstlerischer Fülle.

 

Die vorangegangenen Frauen schrieben Geschichte, Frida Kahlo malte sie. Zunächst ihre eigene. Aus großem Schmerz erwuchs große Kunst: Die Ausdruckskraft und die radikale Verletzlichkeit, die dem Betrachter von Frida Kahlos Gemälden entgegenstrahlen, sind einzigartig. Ihr Gesicht ist weltweit zu einer unverwechselbaren Ikone geworden. Von ihrem heutigen Kultstatus war sie, die sich in der rassistischen Gesellschaft Mexikos um 1940 mittels ihrer Tracht und ihrer Frisur stets stolz zu ihren indigenen Wurzeln bekannte, zu Lebzeiten weit entfernt, wie Karen Genschow bemerkt:

„Zu Lebzeiten war Frida Kahlo vor allem die exotische Blume am Knopfloch des großen Meisters Diego Rivera. Nach ihrem Tod 1954 war es lange Zeit still um sie.“

Was ihre Berühmtheit und Wirkung angeht, hat Frida Kahlo Rivera freilich längst übertroffen.

6. Edith Piaf - LA VIE EN ROSE (2007)

Als die kleine Edith, von der Mutter verlassen, bei der Großmutter unter Prostituierten aufwächst, deutet nichts darauf hin, dass sie einmal die ganze Welt mit ihrer Stimme betören wird. Mit 19 Jahren singt Edith (Marion Cotillard) auf den Straßen von Paris, wo ihr unvergleichliches Timbre auch das Ohr von Louis Leplée (Gérard Depardieu) erreicht. Der Nachtclubbesitzer nimmt die zarte junge Frau unter seine Fittiche und macht sie unter dem Spitznamen „la môme piaf“, der kleine Spatz, berühmt. 

 

Mit ihrer Kunst berührte Edith Piaf Millionen von Menschen. Der Lebenshunger, aber auch der Verdruss über das Leben, die etwa durch „La Vie en rose“ und „Non, je ne regrette rien“ klingen, erheben ihre Chansons zu Hymnen über das Schicksal der einfachen Leute. Die Rolle der von den Franzosen wie ein Nationalheiligtum verehrten Edith Piaf machte auch Marion Cotillard dank Oscar® zum internationalen Star. 

7. Margaret Thatcher - DIE EISERNE LADY (2012)

Margaret Thatcher (Meryl Streep) ist Ehefrau und Mutter. In erster Linie ist sie aber Premierministerin Großbritanniens. Das lässt sie nicht nur ihren Ehemann Denis (Jim Broadbent), sondern auch ihr Kabinett spüren, das sie mit strenger Hand führt. Mit der ersten Frau an der Spitze erlebt Großbritannien einen beispiellosen gesellschaftlichen Umbau.

 

Ohne sie würde nicht nur Großbritannien, sondern ganz Europa heute wohl anders aussehen. Die harte konservative Politik Margaret Thatchers trieb einen Keil zwischen die britische Gesellschaft mit glühenden Anhängern, die von Privatisierungen und Deregulierungen profitieren, auf der einen Seite und wirtschaftlich abgehängten, sozial geschwächten Gegnern auf der anderen Seite. Bis heute gilt Margaret Thatcher sowohl als eine der größten, als auch eine der schlechtesten Brit:innen aller Zeiten. Genau wie seine Protagonistin spaltete auch DIE EISERNE LADY die Gemüter. Während Meryl Streep einhellig gelobt und folgerichtig mit ihrem dritten Oscar® ausgezeichnet wurde, vermisste die Presse erzählerische Tiefe und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der politischen Person Margaret Thatcher.

8. Jackie Kennedy - JACKIE: DIE FIRST LADY (2017)

Ihre Worte klingen mehr gehaucht als gesprochen und trotz ihrer zurückhaltenden Eleganz überstrahlt Jackie (Natalie Portman) alle anderen, wenn sie einen Raum betritt. Sie ist die 35. First Lady der USA, Stilikone und umweht von einem Hauch Mythos. Doch in einem verhängnisvollen Moment wird sie von der beliebtesten Frau Amerikas zu einer der tragischsten Figuren der US-Geschichte.

 

Jackie Kennedy zählt nicht nur in der Mode zu den einflussreichsten Frauen des 20. Jahrhunderts. Ihr kluger Umgang mit der Presse und ihre Weltgewandtheit trugen entscheidend zur Beliebtheit ihres Mannes John F. Kennedy bei, der bei einem Staatsbesuch in Frankreich ganz richtig bemerkte: 

„Ich bin der Mann, der Jacqueline Kennedy nach Paris begleitete – und ich habe es genossen.“

Pablo Larraíns Drama JACKIE zeigt, wie sehr die Witwe des berühmten US-Präsidenten trotz ihres unglaublichen Schmerzes dafür kämpfte, das Vermächtnis ihres Mannes zu bewahren.

9. Ruth Bader Ginsburg - DIE BERUFUNG (2019)

Die junge Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) möchte Anwältin werden. Neben dem Jurastudium zieht sie ihre kleine Tochter auf, unterstützt ihren kranken Mann Marty (Armie Hammer) und überflügelt schließlich sämtliche ihrer männlichen Kommilitonen. Obwohl sie ihr Studium als Jahrgangsbeste abschließt, findet sie keine Anstellung in einer Kanzlei. Begründung: Sie ist eine Frau. Ihren Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter führt Ruth daraufhin nur umso entschlossener.

 

Ruth Bader Ginsburg war eine echte Pionierin für Gleichstellung, die ihr Leben lang nicht nur für die Rechte von Frauen, sondern auch für Minderheiten und Bürgerrechte im Allgemeinen mit unglaublichem Durchhaltevermögen kämpfte. Als eine der einflussreichsten Juristinnen der USA und Richterin am Supreme Court wirkte sie aktiv an der Gesetzgebung in den USA mit.

Auch Maria Reiche stellte sich dem Willen mächtiger Männer entgegen, um die Zeugnisse einer uralten Hochkultur Perus zu bewahren und deren Geheimnisse zu entschlüsseln. Über 50 Jahre, bis zu ihrem Tod lebte und arbeitete sie in der Wüste Perus, legte mit einfachsten Mitteln die teils kilometerlangen Nazca-Linien Meter für Meter frei und erreichte, dass die UNESCO sie zum Weltkulturerbe erklärt. MARIA REICHE – DAS GEHEIMNIS DER NAZCA-LINIEN zeichnet ihren einzigartigen Weg eindrücklich nach und zeigt, dass eine Frau das Verständnis unserer Geschichte für immer verändern kann. Der Film startet am 25. September im Kino!

 

Autor/-in: J.Leipnitz

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