Es gibt Horrorfilme, die schockieren mit Metzelorgien oder Jumpscares. Und dann gibt es noch die Horrorfilme zum Miträtseln, die uns vor allem dank ihrer schaurigen Plots die Haare zu Berge stehen lassen …
In diesen Filmen schleicht sich das Grauen langsam an uns heran, lässt uns rätseln und steigert sich über falsche Fährten und Wendungen bis zu einem schrecklich-erschreckenden Finale. In KNOCK KNOCK KNOCK, der ab 1. Mai im Kino läuft, beginnt der Horror mit einem aus der Wand kommenden Klopfen, das den kleinen Peter (Woody Norman) Nacht für Nacht aufweckt.
Direkt unter der Vorschau zum Film haben wir 10 weitere hervorragende Genrevertreter handverlesen und nach unserer eigens erdachten (und entsprechend nicht ganz objektiven) „What-the-F***"-Skala (kurz: WTF-Skala) geordnet, die angibt, wie sehr uns die Wendungen im Film dazu bringen, innerlich (oder ganz offen) „Was zum Teufel?!” zu schreien. 1 Punkt bedeutet: „Gähn! Das hab ich schon nach fünf Minuten kommen sehen.” 10 bedeutet: „Waaaaas? Mein Hirn explodiert!” Dieser Artikel enthält keine Spoiler. Viel Spaß!
Nach einem Autounfall erwacht Michelle (Mary Elizabeth Winstead) angekettet in einem Bunker. Ihr Retter Howard (John Goodman) behauptet, die Erdoberfläche wäre durch eine Katastrophe unbewohnbar geworden. Und tatsächlich gehen draußen merkwürdige Dinge vor sich. Aber auch im Bunker entdeckt Michelle Schreckliches. Ist Howard ein durchgedrehter Prepper oder will er sie nur beschützen?
Ein Blick in den Trailer verrät es bereits. Hier ist etwas gewaltig faul. Davon können auch die gemütlichen Spieleabende nicht ablenken. Von einigen Momenten der Verwirrung abgesehen, fragt man sich bei Dan Trachtenbergs erstaunlichem Spielfilmdebüt dann eigentlich nur noch: Was genau stimmt denn hier nicht? und Wie groß wird die Schweinerei am Ende sein? Die soliden Überraschungsmomente, die auch eingefleischte Plottwist-Enträtsler gut bei Laune halten, ergeben 5 von 10 Punkten auf unserer „What-the-F***"-Skala.
Die Protagonistin dieses Films könnte auch einem Shyamalan-Film entsprungen sein, denn Ellie (Thomasin McKenzie) sieht längst verstorbene Menschen. Nach ihrem Umzug vom ländlichen Cornwall ins pulsierende Großstadtleben Londons hat sie Visionen über die junge Sandie (Anya Taylor-Joy). Anfangs noch fasziniert von dem scheinbar mondänen Leben der Blondine, verliert sich Ellie immer mehr in ihrer Traumwelt, die zunehmend bedrohlicher wird.
Was ist mit Sandie passiert? Zusammen mit Ellie folgen wir fasziniert den Spuren, die dieser schillernde Horror-Thriller legt, denn Edgar Wright nimmt uns hier mit in die Swinging Sixties und während wir anfangs vergnügt zu den eingängigen Hits mitwippen, mischen sich mit der Zeit schräge Untertöne in die Musik. Von dem Ende, das Sandie erwartet, sind wir genauso überrascht wie Ellie.
6 Punkte auf der WTF-Skala
Annie Graham (Toni Collette) hat gerade ihre Mutter beerdigt, die ihr mit ihrer kalten, distanzierten Art das Leben schwer machte. Nur zu ihrer Enkeltochter Charlie (Milly Shapiro) pflegte Annies Mutter ein enges, zu enges Verhältnis. Während Annie versucht, den Verlust zu verarbeiten, erschüttert ein weiterer Trauerfall ihre Familie.
Einerseits fragt man sich permanent, was zum Teufel hier los ist. Es befällt einen ein diffuses Gefühl der Befremdung, die jeder einzelne Charakter in Ari Asters bislang bestem Film auslöst. Andererseits geht es Aster nicht darum, falsche Fährten zu legen. Die Fragen nach dem Wer, Was und Warum treten in den Hintergrund und geben stattdessen einer unangenehmen Irritation den Raum, sich voll zu entfalten.
6,5 Punkte auf der WTF-Skala
Für die Teenager Rebecca (Olivia DeJonge) und Tyler (Ed Oxenbould) wird ein Besuch bei ihren Großeltern zu einem Ferienerlebnis, das sie nie wieder vergessen werden. Sollten sie es denn überhaupt überleben …
Der größte Plottwist der an Plottwists reichen Filmografie von M. Night Shyamalan ist natürlich THE SIXTH SENSE. Da der aber nach mittlerweile 25 Jahren ein offenes Geheimnis ist, haben wir uns für den mit einer guten Portion Horror (und Humor!) versehenen THE VISIT entschieden, der Shyamalan nach einigen Flops ein Comeback bescherte. Die Konstellation der schrulligen Großeltern, die per se schon einiges an Eigentümlichkeiten mit sich bringen, gibt uns und den Enkelkindern viel Raum zum Rätseln. Und Anlass zum Kichern, was zu dem durchaus schreckliche Geheimnis, das der Film birgt, erstaunlich gut passt.
7 Punkte auf der WTF-Skala
ICH SEH ICH SEH nimmt eine familiäre Ausnahmesituation als Ausgangspunkt für ein zunehmend sadistischer werdendes Horrorspielchen: Die Mutter (Susanne Wuest) der Zwillinge Lukas (Lukas Schwarz) und Elias (Elias Schwarz) kommt nach einem Krankenhausaufenthalt mit komplett einbandagiertem Gesicht wieder nach Hause. Die Kinder erkennen ihre Mutter nicht wieder. Sie ist lieblos und besonders zu Lukas gemein. Die Zwillinge beschließen, die Person zu testen, die sich als ihre Mutter ausgibt.
Das österreichische Drama gibt seinem Publikum nur gerade so viel Information wie unbedingt nötig und somit fragen wir uns genau wie die Zwillinge: „Wo ist die Mama?” Nachdem Elias und Lukas zu immer drastischeren Mitteln greifen, erhalten wir am Ende eine überraschende und verstörende Antwort.
7 Punkte auf der WTF-Skala
Ganz leise beschleicht die streng gläubige Mrs. Stewart (Nicole Kidman) der Verdacht, dass mit dem Haus, in dem sie seit Jahren mit ihren beiden Kindern und den Hausangestellten lebt, etwas nicht stimmt. Ihr Dienstpersonal verschwindet plötzlich, Vorhänge werden entfernt, obwohl Sonnenlicht für die Stewart-Kinder tödlich ist. Und dann sind da noch die Stimmen der Anderen …
Alejandro Amenábar gab mit THE OTHERS ein gefeiertes Hollywood-Debüt ab. Die sich langsam steigernde Intensität der Spannung, die Kidman hervorragend transportiert und die unerwartete Auflösung lassen die Beklemmung, die von dem Anwesen der Stewarts ausgeht, noch lange nach dem Ende des Films nachwirken und begeisterten Kritiker:innen wie Publikum. Bei Erscheinen war der Mystery-Faktor extrem hoch, hat sich über die Jahre allerdings etwas abgenutzt.
7,5 Punkte auf der WTF-Skala
Die Studentinnen und besten Freundinnen Alex (Maïwenn) und Marie (Cécile de France) verbringen ein Wochenende im Landhaus von Alex’ Familie. Doch bereits in der ersten Nacht wird die Idylle von einem Eindringling gestört, der nur eines will: seinen Blutdurst stillen. Kann Marie, die heimlich in Alex verliebt ist, den Killer aufhalten?
Alexandre Aja betrat mit einem echten Paukenschlag die Bühne der Horror-Welt. HIGH TENSION sorgte mit seiner gnadenlosen Gewaltdarstellung und einer der krassesten Wendungen des Genres für großes Aufsehen und erreichte bald Kultstatus. Während einige Kritiker:innen bemängeln, dass der Plottwist einer genauen Überprüfung im Nachhinein nicht standhalten kann, argumentieren viele eingefleischte Fans bis heute jedes angebliche Logikloch mit erstaunlichem Engagement und durchaus nachvollziehbar weg.
8 Punkte auf der WTF-Skala
Als erwachsene Frau kehrt Laura (Belén Rueda) mit ihrem kleinen Sohn Simón (Roger Príncep) und ihrem Mann (Fernando Cayo) in das Haus zurück, aus dem sie einst als kleines Mädchen adoptiert wurde. Aus dem ehemaligen Waisenhaus möchte sie ein Heim für Kinder mit Behinderungen machen. Doch ausgerechnet am Tag der Eröffnung verschwindet Simón spurlos.
Der Spiegel schreibt:
„Ein raffiniertes, spannendes und wunderschön fotografiertes Grusel-Versteckspiel, dem man mit klopfendem Herzen folgt”.
DAS WAISENHAUS ist subtiler und doch schrecklichster Horror, der sich mit der emotionalen Katastrophe beschäftigt, die das Verschwinden eines Kindes auslöst. Dank eines vollkommen unvorhersehbaren Endes, das auf eine beklemmende Spurensuche folgt, beschäftigt der Film auch noch, wenn der Abspann längst gelaufen ist. Und selbst bei einer zweiten Sichtung verliert der Film nicht an Intensität.
8,5 Punkte auf der WTF-Skala
Als Chris (Daniel Kaluuya) die Eltern seiner Freundin Rose (Allison Williams) kennenlernt, ist er nervös. Denn Chris ist schwarz und Rose stammt aus einer wohlhabenden, weißen Familie. Ihre Eltern empfangen Chris freundlich und abgesehen von den typisch seltsamen Momenten eines ersten Kennenlernens scheint alles normal. Nur die schwarzen Hausangestellten verhalten sich merkwürdig. Und warum reisen plötzlich ganze Busladungen von schwerreichen Weißen an?
GET OUT ist so voller Aha-Momente, dass man auch bei wiederholten Sichtungen noch Entdeckungen macht. Trauma, Rassismus, Gesellschaftssatire – selten war Horror so vielschichtig und trotzdem unterhaltsam. Denn das Timing, in dem Jordan Peele den Zuschauer:innen Bröckchen zum Lösen des grausamen Rätsels hinwirft, ist perfekt und mit Freude und Erschauern heben wir sie auf. Peeles Nachfolger WIR (2019) wartet zwar mit deutlich mehr Blut, klassischem Horror und einem radikaleren Plottwist auf, in Sachen Spannungsaufbau und Logik hat aber GET OUT die Nase vorn.
9 Punkte auf der WTF-Skala
Zwei völlig Fremde wachen angekettet in einem Waschraum auf. Sie erinnern sich nicht, wie sie dorthin gekommen sind. Und noch ein drittes Opfer liegt blutüberströmt und leblos zwischen ihnen am Boden. Dann finden sie eine Kassette und ein perfides Spiel beginnt.
Die Rätsel-Dichte ist phänomenal und es macht einfach einen Mordsspaß den Opfern von Jigsaw dabei zuzusehen, wie sie selbst versuchen, sie alle zu lösen, bevor ihre Zeit abgelaufen ist. Das Beste: Es ist total egal, ob sie es schaffen oder nicht. Denn am Ende gewinnen die Zuschauer:innen, die hier astreines Horrorkino mit maximalem WTF-Faktor serviert bekommen.
10 Punkte auf der WTF-Skala
Auch Peter muss ein grausames Rätsel lösen, das sich zunächst durch ein mysteriöses Klopfen ankündigt, das aus seiner Wand im Kinderzimmer zu kommen scheint. Von seinen Eltern, gespielt von THE BOYS-Star Antony Starr und Lizzy Caplan kann er sich keine Hilfe erhoffen. Ganz im Gegenteil ...
KNOCK KNOCK KNOCK startet am 1. Mai im Kino!
Autor/-in: J.Leipnitz