HORIZON

Kevin Costner: „500 Völker. Wir haben sie ausgelöscht.“ 

Kevin Costner
HORIZON-Premiere, Foto: Daniel Hinz

Costner ist ein Mann mit Prinzipien. Einer, der sich nicht verbiegen lässt. Und das macht ihn nicht nur in Hollywood zu einer Ausnahme. Sein Mut, an seinen Idealen festzuhalten, schenkt uns dieses Jahr ein grandioses Kinoerlebnis.

Jetzt ist HORIZON endlich auf den deutschen Kinoleinwänden zu sehen. Wir fragen uns, was den Oscar®-Preisträger dazu bewegt hat, mit 69 das Werk seines Lebens, den „Western aller Western“ (Der Spiegel), ins Kino zu bringen. Costner gibt Antworten. Und die fallen teils überraschend aus.

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„Sie kämpften um ihr Zuhause, ihre Kinder. Wir kämpften um ein Stück Land.“

Als Kevin Costner 1991 DER MIT DEM WOLF TANZT ins Kino brachte, veränderte er den Western für immer. Kein Film zuvor gab dem Schicksal der amerikanischen Ureinwohner so viel Raum wie sein mit sieben Oscars® ausgezeichnetes Meisterwerk. Auch sein neuer Kino-Western HORIZON erzählt von der Besiedelung des Westens und den Folgen für die indigene Bevölkerung:

„Die amerikanischen Ureinwohner kämpften aus anderen Gründen als die Siedler. Sie kämpften um ihr Zuhause, ihre Kinder, ihre Kultur. Wir kämpften um ein Stück Land, von dem uns irgendjemand gesagt hat, dass wir das haben könnten, nur weil es auf einem Stück Papier steht. Jede Stadt in den USA fing damit an, dass jemand einen Pfahl in den Boden schlug. Was hat das mit den Menschen gemacht, die schon seit Tausenden von Jahren dort gelebt hatten? Das versuche ich in HORIZON zu erzählen.“

 

Owen Crow Shoe
HORIZON, Rechte bei Tobis
 

Die auf vier Filme angelegte Kino-Saga gibt Costner die Möglichkeit, der Komplexität der Besiedelung des Westens gerecht zu werden. Für das Leid, das die indigene Bevölkerung aufgrund der Landnahme der Siedler erlitt, findet Costner klare Worte:

„Wir haben ihnen alles genommen – 500 Völker. Wir haben sie ausgelöscht.“ 

 

Gregory Cruz
HORIZON, Rechte bei Tobis

Während Western sich klassischerweise auf die Perspektive der Weißen konzentrieren, sorgte Kevin Costners DER MIT DEM WOLF TANZT 1991 für einen Paradigmenwechsel im Genre. Costner machte das Grauen, das die Siedler in Amerika anrichteten, sichtbar und gab den verdrängten Stämmen eine Stimme.

„Amerika war für die Siedler wie ein Garten Eden. Aber dort gab es schon Menschen, die dort seit 15.000 Jahren gelebt hatten. Und die konnten den Hunger dieser Menschen nicht verstehen, denen gesagt wurde, wenn sie nur hart genug und bösartig genug sind, könnten sie diesen Menschen alles wegnehmen.“ 

Unter dieser Prämisse drehte Costner HORIZON. Die Saga zeigt eindrücklich, welche Auswirkungen das Versprechen hatte, das die Neuankömmlinge in den Wilden Westen Amerikas lockte. In Hollywood stieß sein Vorhaben zunächst auf taube Ohren. Doch das nimmt er gelassen:

„Ich bin ein Außenseiter in Hollywood und ich weiß nicht so genau, warum. Vielleicht, weil ich nicht will, dass andere die Geschichte, die ich erzählen will, manipulieren. Und weil ich auch Nein sage, wenn mich was stört.“ 

 
Jamie Campbell Bower, Kevin Costner
HORIZON, Rechte bei Tobis

„Die Stärke von HORIZON sind die Frauen“

HORIZON bricht noch mit einer weiteren Western-Konvention. Neben den genretypischen wortkargen Revolverhelden und atemberaubenden Kamerafahrten durch raue Landschaften zeigt Costner eine Seite des Westens, die seiner Meinung nach bislang zu wenig Beachtung fand:

„Die Stärke von HORIZON sind die Frauen. Was ihnen da widerfährt, ist unglaublich. Natürlich habe ich die Schießereien und die Action eines klassischen Westerns. Aber HORIZON ist voller starker Frauenfiguren. Das gibt es nicht oft in Western.“ 

 

Sienna Miller
HORIZON, Rechte bei Tobis

Der Film ist auch so etwas wie eine kleine Liebeserklärung von Costner an das schöne Geschlecht:

„Frauen sind der Grund, warum unser Land vorankommt. Sie wurden damals oft gegen ihren eigenen Willen entführt. Sie wurden ausgenutzt und sie waren widerstandsfähig. Ich könnte die Geschichte nicht erzählen, wenn sie sich nicht um sie drehen würde.“ 

Entsprechend nutzte Costner die HORIZON-Weltpremiere in Cannes vor allem als Bühne, um die Schauspielerinnen zu würdigen.

 

Georgia MacPhail, Jena Malone, Isabelle Fuhrman, Ella Hunt, Kevin Costner, Sienna Miller, Abbey Lee, Wasé Chief
HORIZON-Premiere, Foto: Daniel Hinz

Mehr dazu hier: DIE SCHÖNSTEN MOMENTE DER HORIZON-PREMIERE IN CANNES

Tatsächlich bietet HORIZON eine ganze Reihe spannender Frauenfiguren: Sienna Miller spielt eine Überlebenskünstlerin, die sich mit ihrer Tochter nach einem Schicksalsschlag ein neues Leben aufbauen muss. Jena Malone steht als resolute Frau ihren Mann im gesetzlosen Amerika und Abbey Lee wird zu Costners Gefährtin auf einer riskanten Flucht.

 

Abbey Lee
HORIZON, Rechte bei Tobis

Sie alle lassen das Publikum spüren, was Costner so an dem Genre fasziniert:

„Das Leben im wilden Westen war schwierig, furchtbar schwierig sogar. Die Menschen teilten nicht die gleiche Sprache. Es gab Schusswaffen und es gab kein Gesetz. Leb in einer solchen Welt und schau mal, wie einfach das ist.“ 

 

Jon Beavers
HORIZON, Rechte bei Tobis

Das Leben im Westen war schließlich immer auch ein Kampf ums Überleben:

„Damals stand alles auf dem Spiel. Wie haben die Menschen überlebt? Es hat etwas Rohes und Unvorhersehbares an sich. Das fasziniert mich.“ 

„Ich hätte einen Haufen Geld machen können“

Diese Faszination ließ Costner über Jahrzehnte nicht los, in denen er an der Geschichte von HORIZON feilte. Er hätte es sich als Star der erfolgreichsten US-Serie der letzten Jahre gemütlich machen können. YELLOWSTONE machte den 69-Jährigen unglaublich populär und gilt als eine der besten Serien überhaupt. Doch Costner tickt anders. Er will es noch einmal wissen:

„Ich habe mein Leben nicht damit verbracht, mein Geld immer weiter zu vermehren. Ich hätte Wohnungen kaufen können, McDonald’s kaufen können und einen Haufen Geld machen können. Aber stattdessen nehme ich eine Hypothek auf mein Grundstück auf, um diesen Film zu drehen.“

 

Kevin Costner
HORIZON, Rechte bei Tobis

Sein Mut zahlte sich bereits in der Vergangenheit aus. DER MIT DEM WOLF TANZT fand kein Hollywood-Studio. Doch Costner glaubte an die Geschichte und an seine Vision. Er gründete sein eigenes Studio und übernahm Regie und Hauptrolle selbst. Der Western wurde ein gigantischer Erfolg und mit sieben Oscars® ausgezeichnet, mehr als jeder Western zuvor oder danach.

 

Mehr dazu hier: KEVIN COSTNER: DIE HIGHLIGHTS EINER EINZIGARTIGEN KARRIERE

Nicht immer wurde Costners Einsatz belohnt. Seine Megaprojekte WATERWORLD (1995) und POSTMAN (1998) litten unter schwierigen Produktionsbedingungen und enttäuschten an den Kinokassen. Doch das hielt Costner nie davon ab, weiterzumachen:

„Ich lebe nach dem Motto ,Was wäre wenn?’. Ich hatte immer das Gefühl, dass Scheitern eine völlig unterschätzte Erfahrung ist. Ich habe Höhenflüge erlebt. Ich habe Misserfolge eingesteckt. Aber die Misserfolge haben mich nicht entmutigt. Mein Enthusiasmus ist immer noch groß.“ 

 

Kevin Costner
Kevin Costner auf der HORIZON-Premiere in Cannes, Foto: Daniel Hinz

Costner ist eben noch ein echter Filmemacher, einer, der seine Arbeit mit Leidenschaft erfüllt. Mit HORIZON ging es ihm genauso:

„Manchmal wünschte ich, mir wäre eine kleine nette Geschichte über ein Spukhaus begegnet und das wäre auch okay gewesen. Aber stattdessen ist mir diese Geschichte begegnet, die in vier Filmen erzählt wird. Wenn es um Liebe geht, weiß man eben nie so genau, was passiert. Wenn du dich verliebst, musst du dich dem hingeben und ihr folgen. Ich liebe diese Geschichte und ich konnte nicht so tun, als wüsste ich nicht, dass sie existiert. Also musste ich sie erzählen. Sie schlug in meinem Herzen.“ 

Aber Costner will auch eine Botschaft vermitteln. Vor allem an seine Kinder, die bei HORIZON voll hinter ihm stehen.

 

Lily Costner, Hayes Costner, Grace Costner, Kevin Costner, Cayden Costner, Annie Costner
HORIZON-Premiere, Foto: Gerald Matzka

Im Hinblick auf seine Entscheidung, eine Hypothek auf sein Grundstück aufzunehmen und eine Menge seines eigenen Geldes in HORIZON zu investieren, sagt Costner, er wolle seinen Kindern zeigen, dass er das tut, woran er glaubt: 

„Ich habe Angst wie jeder andere auch. Ich will nicht gedemütigt werden.“ 

Aber – und das ist nicht nur eine wertvolle Erkenntnis für seine Kinder – das sollte niemanden davon abhalten, seine Träume zu verfolgen:

„Vielleicht verliere ich das Geld. Aber die Frage ist: Habe ich mich selbst verloren? Wenn sie mir das Grundstück wegnehmen, bleibt mir immer noch mein Film. Ich habe immer noch meine Integrität. Ich weiß, dass ich auf mein Herz gehört habe.“ 

Für Costner gilt eben noch die alte Regel „Ein Mann, ein Wort.“

 

Kevin Costner
Lässig wie Bond, zielsicher wie ein Cowboy: Kevin Costner auf der HORIZON-Premiere. Foto: Gerald Matzka

Und genau das macht ihn auch so sympathisch. Er übernimmt Verantwortung und steht für seine Vision ein:

„Es gibt keine Ausreden. Alles war meine Entscheidung. Also, wem es nicht gefällt, der kann sich bei mir beschweren.“ 

Damit hat er einiges gemeinsam mit den Helden der Western, die seit Jahrzehnten das Publikum anziehen und die wir auch in HORIZON zu sehen bekommen. Helden, die Costner einmal so beschrieb:

„Echte Helden sind Männer, die fallen und scheitern und Fehler haben, aber am Ende gewinnen, weil sie ihren Idealen, Überzeugungen und Verpflichtungen treu geblieben sind.“ 

In diesem Sinne ist Kevin Costner schon jetzt unser Held. HORIZON läuft jetzt im Kino!

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Autor/-in: J.Leipnitz

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