Er tanzte mit dem Wolf, fing sich als BODYGUARD für Whitney Houston eine Kugel ein und führte zuletzt als Oberhaupt der Dutton-Dynastie die Serie YELLOWSTONE zu unglaublichem Erfolg. Aber Kevin Costners Magnum Opus wird HORIZON sein.
Andere setzen sich mit 69 zur Ruhe. Kevin Costner setzt sich selbst ein Denkmal. Die Western-Saga HORIZON krönt seine Karriere. Eine Karriere, in der Costner unglaubliche Erfolge feierte und auch Risiken eingegangen ist. Wir schauen auf den Werdegang eines außergewöhnlichen Hollywood-Stars, der schon immer sein eigenes Ding gemacht hat.
Kevin Costner wuchs als Kind einer Arbeiterfamilie auf und hätte sich niemals träumen lassen, einmal als Schauspieler sein Geld zu verdienen. Und tatsächlich dauerte es auch eine ganze Weile, bis er in der Branche Fuß fassen konnte.
„Ich war ein Spätzünder. Ich war nicht wirklich schüchtern, aber ich war auch nicht sehr selbstbewusst.”
Nach Auftritten in Filmen von durchwachsener Qualität fiel seine Rolle in Lawrence Kasdans DER GROSSE FRUST (1984) dem Schnitt zum Opfer. Doch der Regisseur entschädigte Costner großzügig und erfüllte dem mittlerweile 30-Jährigen gleich zwei Träume: Er besetzte ihn in einem Western und verhalf ihm zum Durchbruch in Hollywood. In Kasdans SILVERADO (1986) spielt Costner einen Revolverhelden, der noch grün hinter den Ohren und wild auf Abenteuer ist.
Neben seinen Co-Stars Kevin Kline, Scott Glenn und Danny Glover beeindruckte Costner vor allem durch sein Engagement für die Rolle und seine Reitkünste.
Einen Hauch von Western verströmte auch Costners nächster Film: THE UNTOUCHABLES - DIE UNBESTECHLICHEN (1987) von Brian De Palma. Darin stellt sich der aufrechte Polizeibeamte Eliot Ness (Costner) dem berüchtigten Al Capone (Robert De Niro) entgegen. Die Suche nach dem Hauptdarsteller gestaltete sich schwierig. Michael Douglas, Mel Gibson, Harrison Ford, Jack Nicholson, William Hurt und Jeff Bridges konnten De Palma nicht überzeugen. Letztendlich vergab er die Rolle an den noch relativ unbekannten Darsteller, der mit seinem bescheidenen, fast naiven Auftreten perfekt für die Rolle war. Von dem Erfolg seiner Co-Stars Robert De Niro, Gene Hackman und Sean Connery noch weit entfernt, wollte Costner alles lernen, war morgens der Erste am Set und abends der Letzte, der noch lange nach der letzten Klappe blieb.
In den folgenden Jahren spielte Costner nur noch Hauptrollen. 1989 drehte er ANNIES MÄNNER, den ersten von insgesamt vier Baseball-Filmen in seiner Filmografie. Als Baseballspieler Crash Davis, der vom Glanz vergangener Tage lebt und für die „Durham Bulls" den talentierten, aber ziellosen „Nuke” LaLoosh (Tim Robbins) trainieren soll, eroberte er nicht nur das Herz der sinnlichen Annie (Susan Sarandon).
Sein bodenständiger Charme machte Kevin Costner zur perfekten Projektionsfläche für die Träume und Sehnsüchte des weiblichen (und männlichen!) Publikums. Auch in FELD DER TRÄUME, seinem zweiten Baseball-Film, den er direkt im Anschluss an ANNIES MÄNNER drehte, profilierte sich Costner als Star, der zugleich der Typ von nebenan und der Held war, zu dem man aufschauen konnte. Dieses Image brachte Costner den Ruf des „neuen Gary Cooper” ein, wie das New York Times Magazine ihn 1989 betitelte. Dem machte er auch alle Ehre in Oliver Stones Politdrama JFK - TATORT DALLAS (1992). Darin rollt Costner im Namen der Gerechtigkeit und ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit als Staatsanwalt Jim Garrison die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy neu auf. Als Hauptdarsteller führte Costner einen unglaublichen Cast an: Donald Sutherland, Gary Oldman, Kevin Bacon, Jack Lemmon, Walter Matthau und John Candy gaben sich die Ehre. Das Schlussplädoyer, ein elfseitiger Monolog im Drehbuch, lernte Costner auswendig. Die Rede über die Bedeutung der Wahrheit in einer Demokratie ist bis heute eine seiner größten darstellerischen Leistungen:
Kevin Costner sagte einmal:
„Auf einem Pferd fühle ich mich deutlich wohler als in den Armen einer Frau.”
Das sieht man Costner gar nicht an, wenn er seinen Filmpartnerinnen tief in die Augen sieht und sie mit seinem verschmitzten Lächeln verführt. Dank Costner (und natürlich dank Bryan Adams’ unsterblicher Hymne „(Everything I do) I do it for you”) bekam der Abenteuerfilm ROBIN HOOD - KÖNIG DER DIEBE (1991) einen ordentlichen Schuss Herzschmerz. In der romantischen Komödie TIN CUP (1996) konnte selbst Costners durchsifftes Unterhemd nicht verhindern, dass er Rene Russo als heruntergekommenes Golfgenie den Kopf verdreht.
Deutlich ernster wurde es in der Nicholas Sparks-Verfilmung MESSAGE IN A BOTTLE (1999), in der Kevin Costner und Robin Wright in einer tragischen Liebe zueinander finden.
In der Komödie AN DEINER SCHULTER (2005) gab Costner einmal mehr einen Baseballspieler. Und den attraktiven Nachbarn von Joan Allen, der für die verlassene Frau und Mutter von vier Töchtern bald mehr als nur ein netter Nachbar wird. In der an DIE REIFEPRÜFUNG (1986) angelehnten Liebeskomödie WO DIE LIEBE HINFÄLLT … stieg er im selben Jahr in die oberste Liga der Herzensbrecher auf. Gleich drei Generationen von Frauen ein und derselben Familie, u.a. Shirley MacLaine und Jennifer Aniston, erlagen seinem Charme. Die größte Romanze, die Kevin Costner je auf der großen Leinwand drehte, ist aber wohl BODYGUARD (1993). Als Produzent des Films wollte Costner keine andere als Whitney Houston für die weibliche Hauptrolle. Dabei traute niemand der Sängerin zu, so eine Rolle spielen zu können. Aber Costner bestand auf ihre Besetzung:
„Ich fand Whitney wunderschön, talentiert und war sicher, dass ich mich in sie verlieben würde.”
Costner ist auch für die ikonische Version von Dolly Partons „I will always love you” verantwortlich. Die Idee, das Lied a cappella beginnen zu lassen, stammt von ihm:
„Das Lied ist eine Bitte um Vergebung und wenn ich will, dass der andere meine Entschuldigung versteht und weiß, dass ich jedes Wort ehrlich gemeint habe, dann mache ich das ohne Musik. Das macht die Sache viel eindrucksvoller.”
Noch heute sorgen die ersten Momente des Songs für Gänsehaut:
Der BODYGUARD-Soundtrack ist der meistverkaufte Soundtrack aller Zeiten und auch im Kino war der Film ein riesiger Erfolg.
BODYGUARD ist ein Paradebeispiel für Costners Arbeitsweise. Keiner wollte Whitney Houston besetzen. Radiosender wunderten sich über seinen seltsamen Vorschlag, das Titellied ohne instrumentale Begleitung beginnen zu lassen. Es war Costner egal. Mit seinem unbedingten Willen, an seine Ideen zu glauben und diese auch zu verwirklichen, steht Kevin Costner wie kaum ein anderer für die Faszination Hollywood. Andererseits gehörte er nie so richtig dazu:
„Ich bin ein Außenseiter in Hollywood und ich weiß nicht so genau, warum. Vielleicht, weil ich nicht will, dass andere die Geschichte, die ich erzählen will, manipulieren. Und weil ich auch Nein sage, wenn mich was stört.”
Genau dieser Herangehensweise verdankt Costner auch seinen bislang größten Erfolg DER MIT DEM WOLF TANZT (1991). In Hollywood wollte kein Studio etwas von der Geschichte über einen weißen Soldaten wissen, der die Einsamkeit des Wilden Westens sucht und dabei seine Liebe zu der Lebensweise der amerikanischen Ureinwohner entdeckt.
Dass weite Teile des Dialogs in Lakota geführt und somit untertitelt werden mussten, überforderte die damalige Filmbranche. Da Costner keine Kompromisse eingehen wollte, setzte er bei der Umsetzung des Films alles auf eine Karte: Er spielte die Hauptrolle des Lieutenant John Dunbar, übernahm die Regie und produzierte den Film schließlich auch mit seinem aus der Not heraus selbst gegründeten Produktionsunternehmen. Das Risiko zahlte sich voll aus: DER MIT DEM WOLF TANZT nahm weltweit über 400 Millionen US-Dollar ein, gewann drei Golden Globes und sieben Oscars®: Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Kamera, Beste Musik, Bester Schnitt und Bester Ton. Ein weitaus größerer Verdienst von DER MIT DEM WOLF TANZT war allerdings die Abkehr von klischeehaften Darstellungen amerikanischer Ureinwohner. Der Spiegel schrieb damals:
„[I]n keinem Western bisher wurde der indianischen Kultur und Lebensweise längst vergangener Zeiten so tiefe Sympathie bekundet wie in Costners dreistündigem Breitwand-Epos.”
Costners Entscheidung, in seinem Regiedebüt die rein weiße Perspektive des klassischen Westerns zu verlassen, markierte einen Wendepunkt im Genre. Auch bei dem nächsten Western, den Kevin Costner drehte, blieb er seinem Credo treu. Da er sich über die Dimension der Verfilmung der Lebensgeschichte des berüchtigten Revolverhelden Wyatt Earp mit seinem Partner, dem Drehbuchautor Kevin Jarre, nicht einigen konnte, wandte sich Costner an seinen Förderer Lawrence Kasdan und realisierte mit ihm WYATT EARP - DAS LEBEN EINER LEGENDE (1994) mit sich selbst in der Hauptrolle.
Nachdem Costners Megaprojekte WATERWORLD (1995) und POSTMAN (1998) unter schwierigen Produktionsbedingungen litten und an den Kinokassen enttäuschten, gelang ihm 2004 ein Comeback mit OPEN RANGE - WEITES LAND. Das Western-Genre galt als tot, also sprang Costner einmal mehr mit seinem Privatvermögen ein, spielte die Hauptrolle und führte Regie. Für die weiteren Hauptrollen konnte er außerdem Oscar®-Preisträger Robert Duvall und Annette Bening gewinnen. OPEN RANGE wurde ein klassischer Genrevertreter mit einem von Costner inszenierten Shootout, der im Genre seinesgleichen sucht:
Die atemberaubenden Landschaftsaufnahmen in OPEN RANGE sind J. Michael Muro zu verdanken, der bereits an der Oscar®-prämierten Kameraarbeit von DER MIT DEM WOLF TANZT beteiligt war und den Costner auch für HORIZON engagiert hat. Nachdem er als Leading Man 25 Jahre ausschließlich Kinofilme gedreht hatte, entschloss sich Costner 2012 zum ersten Mal in einer Serie mitzuspielen: In der von ihm produzierten Miniserie HATFIELDS & MCCOYS ist er als „Devil Anse" zu sehen. Das Oberhaupt der Familie Hatfield führte während des Amerikanischen Bürgerkriegs eine Fehde gegen die McCoys, die in die US-amerikanischen Geschichtsbücher einging.
Die düster angelegte Western-Serie verhalf Costner, der mit seiner Band Modern West einige Stücke zum Soundtrack beitrug, zu einem Golden Globe, einem Screen Actors Guild Award und einem Emmy als Bester Hauptdarsteller. Einmal auf den Geschmack gekommen, musste Costner nicht lange überlegen, als Drehbuchautor Taylor Sheridan ihn bat, die Hauptrolle in der Serie YELLOWSTONE zu übernehmen. Costner spielt John Dutton, der einem Paten ähnlich seine Familie und deren Besitz – die größte Ranch der USA – gegen sämtliche Einflüsse von außen schützen will. Mit allen erdenklichen Mitteln.
Die externen Bedrohungen und die interne Zerrissenheit der Familiendynastie der Duttons faszinierten zunächst in den USA und dann weltweit ein Millionenpublikum. Der Neowestern im Serienformat bescherte Costner 2023 seinen vierten Golden Globe und gab den Startschuss für ein eigenes Western-Universum, das derzeit aus zwei Spin-Offs besteht, zu denen sich noch drei weitere gesellen sollen. Um sein Herzensprojekt, die epische Western-Saga HORIZON zu realisieren, zog sich Costner aus YELLOWSTONE zurück. Er hätte seinen Erfolg einfach genießen können, aber er tickt anders. ROBIN HOOD-Regisseur Kevin Reynolds sagt über ihn:
„Er ist ein Typ wie du und ich. Die Dinge, die den meisten Stars in Hollywood wichtig sind, interessieren ihn einfach nicht.”
Also nimmt Costner noch einmal all seinen Mut und eine Menge Geld zusammen und verwirklicht seinen Traum: Er dreht HORIZON. Eine epische Western-Saga, die die Besiedlung des Wilden Westens in historisch noch nie dagewesener Dimension erzählt. Vier Teile bringt er auf die große Leinwand. Zwei davon noch dieses Jahr. Dabei verlässt er sich erneut vor allem auf sich selbst. Als Produzent, Hauptdarsteller und Regisseur.
Aber auch auf einen namhaften Cast: Sienna Miller, Sam Worthington, Jena Malone, Jamie Campbell Bower und sein YELLOWSTONE-Kollege Danny Huston folgen Costners Ruf, mit ihm nach Westen zu gehen. Außerdem spielt sein Sohn Hayes, den Costner vor 15 Jahren nach dem Hauptcharakter des Films Hayes Ellison benannte, seine erste Kinorolle.
Diesen Film MUSS man auf der großen Leinwand gesehen haben! HORIZON läuft jetzt im Kino.
Autor/-in: J.Leipnitz
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