„Man muss das Leben tanzen“, wusste schon Friedrich Nietzsche. Das denkt sich auch Tom Hiddleston in seinem neuen Film und schenkt uns mit einer grandiosen Tanzeinlage einen der schönsten Kinomomente des Jahres.
Tatsächlich hat Nietzsche mit seinen Worten direkt den Kern des neuen Kinofilms THE LIFE OF CHUCK erfasst, der das Leben und das Tanzen gleichermaßen feiert. Die herzwerwärmende Einlage von Tom Hiddlestons Titelheld Chuck ist eine Schlüsselszene und hat uns dazu inspiriert, die schönsten Tanzszenen in Filmen zusammenzustellen. Eine Liste voller Glücksmomente, manche schrieben Kinogeschichte, manche rühren zu Tränen, andere trafen uns völlig überraschend. Wir haben nach ganz persönlichem Geschmack ausgewählt. Dürfen wir bitten?
„Tanz ist ein Telegramm an die Erde mit der Bitte um Aufhebung der Schwerkraft.“ (Fred Astaire)
Er muss es wissen, schließlich ließ kein anderer die anspruchsvollen Choreografien so spielend leicht aussehen wie Fred Astaire. Besonders in dieser traumhaften Szene aus dem vierten von insgesamt zehn gemeinsamen Filmen mit Ginger Rogers hat die Erde dieser Bitte nachgegeben. Mehr schwebend als tanzend bewegt sich das legendäre Paar über die Tanzfläche:
ICH TANZ’ MICH IN DEIN HERZ HINEIN bildet den Höhepunkt der Zusammenarbeit von Ginger Rogers und Fred Astaire. In diesem Klassiker des Hollywoodstudio Musicals haben sämtliche Departments ganze Arbeit geleistet: Irving Berlin komponierte mit „Cheek to Cheek“ ein Liebeslied für die Ewigkeit, die Kostümabteilung verlieh Rogers in ihrem legendären Federkleid Flügel und das Liebespaar bewegt sich grazil durch die Kulisse im Artdeco-Stil. Da sind auch wir „in heaven“!
Leichtfüßig und kraftvoll zugleich ist Gene Kelly mit seiner athletischen Erscheinung und seinem rauen, augenzwinkernden Charme der Gegenentwurf zum vollendeten Gentleman, den der elegante Fred Astaire im Anzug abgibt. Sein strahlendes Lächeln und seine frechen Einlagen lassen es nicht vermuten, aber Kelly hatte während des Drehs der wohl berühmtesten Tanzeinlage aller Zeiten knapp 40 Grad Fieber.
Neben der Ohrwurm-Qualität besticht SINGIN’ IN THE RAIN auch durch die Botschaft: Anstatt sich gegen den Regen zu wehren, umarmt Kelly ihn mit offenen Armen, patscht voller Elan durch die Pfützen. Das ist das tänzerische Äquivalent zu „Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, … “. Tanzlimonade!
Der tanzbegeisterte Ren McCormack (Kevin Bacon) fühlt sich von der ganzen Welt missverstanden. Also fährt er an einen abgelegenen Ort und lässt dort seinem Frust freien Lauf.
Andere schlagen vor Wut Löcher in die Wände, Kevin Bacon tanzt und schwingt sich durch eine Lagerhalle. Das ist nicht nur produktiver, sondern sieht auch wunderschön aus. Dank seiner zornigen Leidenschaft, tollen Kamerafahrten und der ein oder anderen Turnübung (Ja, warum sollte nicht ein Reck in einem Lagerhaus aufgebaut sein?). Das ist zwar nicht alles wirklich Kevin Bacon, aber er war trotzdem die perfekte Wahl. Denn wer könnte sich sonst so herrlich schmerzerfüllt gegen eine Bretterwand werfen?
DIRTY DANCING lässt uns bei jeder neuen Sichtung wieder von Patrick Swayzes kreisenden Hüften träumen. Wer hätte nicht gerne mit Jennifer Grey getauscht und wäre in seinen Armen gelandet? Nicht umsonst ist die Hebefigur ein echter Klassiker bei Abibällen. Und jetzt alle mitsingen: Now I’ve ... had ... the time of my liiife ...
Genau wie bei SINGIN’ IN THE RAIN, wo es zwischen Gene Kelly und Debbie Reynolds am Set öfter krachte, kam es auch zwischen Patrick Swayze und Jennifer Grey zu Reibungen. In beiden Fällen erwarteten die professionellen Tänzer (Kelly und Swayze) mehr Disziplin von ihren Leinwandpartnerinnen. Und in beiden Fällen übertrug sich die Spannung zwischen den Paaren in ein aufregendes Knistern vor der Kamera.
Nach seinem Erfolg mit SATURDAY NIGHT FEVER und GREASE (beide 1978) verschwand John Travolta mehr oder weniger in der Versenkung. Quentin Tarantino holte ihn da raus und zurück auf die Tanzfläche. Uma Thurmans unbeschwerter Vibe und Travoltas lässige Moves machten ihren Twist zu einer der ikonischsten Filmszenen überhaupt:
Die Szene wurde improvisiert und zeigt hervorragend, wie Tanz als Kommunikation funktioniert. Zwischen den beiden Charakteren läuft ein ganzer Dialog ab, ohne dass nur ein einziges Wort gesprochen wird. Inmitten der Gewalt und des Chaos', die den Film bestimmen, sticht der Twist von Mia (Thurman) und Vincent (Travolta) als ein Moment der Unbeschwertheit und Spontaneität hervor.
Jim Carreys Talent wird ja gerne mal auf den Clown in ihm reduziert. Aber der Kanadier ist so viel mehr als das. Das beweist er unter anderem in der genial überdrehten Comicverfilmung DIE MASKE. Da schwingt er das Tanzbein mit so viel Verve, dass es einen förmlich von den Sitzen reißt. Aber nicht nur das. Seine fulminante Swing-Einlage im Coco Bongo Club wird zur Oscar®-Parodie, die die eigene Branche auf den Arm nimmt.
Die Academy nahm es nicht übel und nominierte die Effekte für einen Oscar®. Carrey bestand darauf, auch in einer weiteren Szene die Hüften zu schwingen und selbst zu singen. Eine phänomenale Leistung. Seine Version von „Cuban Pete“ schaffte es in den USA und Großbritannien sogar in die Singlecharts.
Dass Tanzen pure Lebensfreude ist, spürt man in jeder einzelnen Einstellung dieser Szene. Der Tanz von Jack (Leonardo DiCaprio) und Rose (Kate Winslet) auf dem Unterdeck der dritten Klasse ist der Moment, in dem sich die beiden Klassen miteinander verbinden. Und es ist das erste Mal, dass Rose sich so zeigen darf, wie sie wirklich ist.
Wenn wir sehen, wie der blutjunge DiCaprio zu irischer Volksmusik die Füße fliegen lässt, durchströmt dieses warme Gefühl der Nostalgie unser Herz. Kaum zu glauben, aber James Camerons Meisterwerk ist schon über ein Vierteljahrhundert alt. Und dennoch zeitlos.
„Wann ist ein Mann ein Mann?“, fragte schon Herbert Grönemeyer. Das fragt sich auch der Englischlehrer Howard Brackett (Kevin Kline), nachdem er öffentlich als vermeintlich schwul geoutet wurde. Dabei steht er kurz vor der Hochzeit mit seiner Freundin (Joan Cusack). Also besorgt er sich eine Selbsthilfekassette und die hat eine Antwort:
„Männer tanzen nicht. Sie arbeiten, sie trinken und sie haben Rückenbeschwerden. Aber sie tanzen nicht!“
Der ultimative Männlichkeitstest ist Gloria Gaynors „I will survive“. Und der ist für Brackett einfach zu viel:
Die wunderbare Komödie von Frank Oz über einen Lehrer, der durch einen Fauxpas eines ehemaligen Schülers entdeckt, dass er tatsächlich schwul ist, ist inspiriert von Tom Hanks’ Oscar®-Rede, in der er einen ehemaligen Lehrer outete. Sie spielt mit Klischees über Homo- und Heterosexualität, ohne unverschämt zu werden.
Der Arbeiterfamilie Elliot geht es finanziell schlecht. Trotzdem kratzt der Vater (Gary Lewis) sein Geld zusammen, um seinen Sohn Billy (Jamie Bell) mit Boxstunden abzuhärten. Doch Billys Herz schlägt für das Ballett. Und das Talent hat er auch. Als sein Vater und Bruder von Billys Leidenschaft erfahren, machen sie ihm die Hölle heiß.
Stephen Daldrys Debütfilm ringt selbst dem leidgeprüften Nordengland der Achtziger Jahre Schönheit ab, wenn der kleine Billy die ganze Wut über seine Situation in seine Füße leitet, die daraufhin durch die kargen Straßen fegen. Was der vierzehnjährige Jamie Bell in diesem Film zeigt, raubt einem den Atem!
Mia (Emma Stone) und Sebastian (Ryan Gosling) erleben „A lovely night“, eine wunderschöne Nacht. Das ist noch untertrieben. Der Sonnenuntergang und der Blick auf das San Fernando Valley kreieren eine geradezu magische Stimmung um das Paar, das eine erste zarte Annäherung wagt.
Die magische Stimmung des orange-lilafarbenen Sonnenuntergangs hatte ihren Preis: Um den perfekten Shot hinzubekommen, hatten Stone und Gosling nur etwa eine Stunde Zeit. Denn selbst die Magie dieses entzückenden Leinwandpaares vermag die Sonne nicht daran zu hindern, unterzugehen. Nach zwei Versuchen war die Szene im Kasten.
Wer hätte gedacht, dass der romantische Held aus NOTTING HILL und Co. mal in einer pinken, glitzernden Häftlingsuniform steppt? Hugh Grant mag nicht der talentierteste Tänzer auf dieser Liste sein, aber die pure Freude, die sein Fiesling Phoenix Buchanan über seinen Auftritt in der Gefängnis-Revue ausstrahlt und die auch sämtliche Mitinsassen in ihren fröhlich gestreiften Kluften erfasst, lässt unser Herz höher schlagen.
So ein Happy End für den Bösewicht gibt es nur in der Welt von Paddington! Tatsächlich erfüllte die Nummer auch Grant mit viel Begeisterung, der PADDINGTON 2 zu seinen absoluten Karriere-Highlights zählt.
Wie heißt es so schön? Tanze, als ob niemand zusieht. Also schließt Oliver (Armie Hammer) die Augen und lässt sich vom Beat durchströmen. Und es ist Olivers Selbstvergessenheit auf der Tanzfläche, die ihn für Elio (Timothée Chalamet) noch anziehender macht.
Wer kennt dieses Gefühl nicht: Wir beobachten unseren heimlichen Schwarm auf einer Party, wobei wir uns noch nicht mal selbst eingestehen wollen, was für Gefühle er in uns wachruft. Vielleicht sieht er ja zufällig rüber, wenn wir nur cool genug tanzen? Dieser Film, insbesondere die Partyszene, fängt die Gefühlsverwirrung, die junge Liebe weckt, perfekt ein.
Okay, der Abschluss der Reihe mag nicht der stärkste MAGIC MIKE-Film sein, aber darum geht es ja nicht. Wer jetzt sehen wollte, wie Channing Tatum sich zu „Pony” durch seinen Werkzeugkasten poppt oder wie sich Joe Manganiello halb nackt durch die Snackabteilung einer Tankstelle schlängelt, sorry! Das Rennen war knapp und wir haben uns für diese Einlage entschieden:
Ein Song, der tief in uns eindringt und sich durch unseren ganzen Körper bewegt, während unsere Augen am Körper des Italieners Sebastian Melo Taveira kleben. Der bewegt sich wie ein Gott, mal kraftvoll, mal zart, aber immer mit maximaler Leidenschaft über die Bühne. Das macht selbst Channing Tatum sichtlich eifersüchtig.
Was wäre so eine Liste ohne anständigen Dancebattle? Den schenkten uns Ryan Gosling und seine Bande von Kens in Greta Gerwigs Mega-Erfolg BARBIE. Keiner kann seine Identitätskrise so herrlich doof, selbstironisch und dann doch wieder rührend in eine Performance verpacken wie Gosling. Ist es nicht schön, wie er sich freut, dass er bis 10 zählen kann? Dass Ken dabei nie lächerlich wirkt, ist tatsächlich eine Oscar®-würdige Leistung. Seine Nominierung brachte zumindest Gosling die Anerkennung, nach der sich sein Ken so sehnt.
Nicht wenige sind der Meinung, dass Ken (bei allem, was Margot Robbie als Barbie richtig gemacht hat) das eigentliche Highlight dieses Films ist.
Von Barbie und Ken hat man es nicht anders erwartet, aber dass Tom Hiddleston plötzlich eine flotte Sohle auf’s Parkett, oder besser eine Straße legt, hätten wir nie gedacht. Genau das tut er in THE LIFE OF CHUCK. Er geht spazieren, hört den Beat einer Straßenmusikerin und kann plötzlich nicht mehr an sich halten. Seine Titelfigur Chuck tanzt sich einmal durch das komplette Repertoire: Von Swing über Charleston bis zum Moonwalk. Und das alles im Anzug! So elegant und beschwingt haben wir den Loki-Star noch nie gesehen. Fred Astaire wäre begeistert. Das solltet ihr euch nicht entgehen lassen!
THE LIFE OF CHUCK startet am 24. Juli im Kino.
Autor/-in: J.Leipnitz
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