Im Detail ist er Realist, der Regie-Shooting-Star Alejandro González Iñárritu. Wie kaum ein anderer Gegenwartsregisseur vermag er unterschiedlichste Orte und Kulturen zum Leben zu erwecken; und das nicht nur glaubwürdig, sondern geradezu schmerzhaft authentisch. Beim Aufbau seiner Geschichten ist Iñárritu hingegen ein ausgemachter Strukturalist: die Räume löst er aus ihrem Zusammenhang und die Zeitfolgen aus ihrer Chronologie, und so entstehen Filme, in denen das Naturalistische und das Artifizielle ungeahnte Allianzen eingehen. Mit BABEL, seinem dritten Kinofilm, für den er beim Festival von Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichnet wurde, komplettiert der Mexikaner ein einzigartiges Triptychon, ein filmisches Gesamtkunstwerk über Zufall und Schicksal, Ursache und Wirkung, Schuld und Sühne. AMORES PERROS beschrieb drei sehr unterschiedliche Milieus, die im Moloch von Mexiko City direkt nebeneinander existierten. 21 GRAMM zeigte drei Personen, deren Leben sich nach einem Unglück unwiderruflich verbanden. BABEL nun spielt auf drei Kontinenten und erforscht die Zusammenhänge unserer globalisierten Welt – aber auch die sichtbaren und unsichtbaren Trennlinien, die Gräben zwischen den Kulturen. Ein Schuss hallt durch unwegsames marokkanisches Hinterland. Von zwei jungen Ziegenhirten gedankenlos abgefeuert, durchschlägt die Kugel das Fenster eines Reisebusses und verletzt die amerikanische Touristin Susan (Cate Blanchett) schwer. Weitab von jedweder ärztlichen Versorgung versucht ihr Mann Richard (Brad Pitt) verzweifelt, das Leben seiner Frau zu retten. Zuhause in San Diego sieht sich die mexikanische Kinderfrau Amelia (Adriana Barraza) nun gezwungen, die geplante Reise zur Hochzeit ihres Sohnes abzusagen. Auf Drängen ihres Neffen Santiago (Gael García Bernal) entschließt sie sich allerdings letztlich doch, die Fahrt anzutreten und die Kinder des Paares einfach mit nach Mexiko zu nehmen. Während die marokkanische Polizei fieberhaft nach dem Gewehrschützen fahndet und alle Medien weltweit über das vermeintliche Attentat auf einen amerikanischen Touristenbus berichten, ahnt weit entfernt in Tokio die taubstumme, nach Liebe suchende Chieko (Rinko Kikuchi) noch nicht, dass die Ereignisse unmittelbar auch ihr Leben und das ihres Vaters Yasujiro (Kôji Yakusho) nachhaltig beeinflussen werden ... Drei Kontinente, drei Welten: Nur wenig scheinen die Geschichten gemein zu haben, und doch hängt alles zusammen, ist alles schicksalhaft miteinander verbunden ...